16. Okt. - 14. Nov. 2021
Angelegt als Spaziergang durch den anliegenden Summerpark mit Bildern und Texttafeln.
Abschluss mit einer Installation im raumB1, Utting am Ammersee
Die Ausstellung war Teil des Projekts Happening der Kunst 2021 des Vereins Kunst hält Wache
e.V. und gleichzeitig Teil des Kultursommers 2021 Landsberg.
Der Kultursommer Landsberg 2021 #KS2021LL wurde im Programm Kultursommer 2021 durch
die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) mit Mitteln aus NEUSTART
KULTUR gefördert.
Vor langer, langer Zeit machte eine kleine Rasselbande die Straßen und Gassen von Utting unsicher. Besonders gerne spielten die sechs, es waren fünf Buben und ein Mädchen, auf der wunderschönen großen Wiese nahe dem Dampfersteg! Später wird dieses Areal mal Summerpark heißen, aber bis dahin sollten noch viele spannende Tage und Jahre vergehen. Abenteuerlich ging es bei den Kleinen immer zu. Die Gegend kannten sie so gut wie ihre eigene Hosentasche. So viel gab es zu erkunden und zu erleben. Man konnte sich wunderbar hinter den vielen Büschen und Bäumen verstecken, oder im hohen Gras neue Pläne aushecken. Auch Wettrennen und viel lieber noch Rallyefahrten mit den zwei kleinen Dreirädern waren auf dem riesigen Gelände beliebt! Mit der Zeit entdeckten sie mystische Orte in dem Park. Und es tauchten immer wieder neue Weggefährten auf. Für eine kurze Zeit konnten sie diese sehen und manchmal glaubten sie sogar mit ihnen zu reden. Doch genauso plötzlich wie sie erschienen, waren sie auch wieder verschwunden, wie vom Erdboden verschluckt.
In unmittelbarer Nähe der großen Straße gab es eine kleine Baumgruppe…
…in unmittelbarer Nähe der großen Straße gab es eine kleine Baumgruppe. Herrliche Birken wuchsen dort und manchmal konnte man zwei Damen in feiner Sonntagskleidung entdecken. Die eine hatte immer ein Buch dabei aus dem sie laut in einer unverständlichen Sprache vorlas. Die andere hörte immer zu und nickte ab und an zustimmend, auch wenn niemand verstand warum…
Ab und an sah man auf der Wiese hinter dem Rathaus ein kleines Mädchen und einen Jungen am Apfelbaum posieren. Sie waren fein herausgeputzt, denn sie trugen ihr Erstkommunionsgewand. Gleich sollten sie vom Fotografen abgelichtet werden um diesen besonderen Tag in schöner Erinnerung zu behalten. Der Bub konnte aber fast nie still stehen und machte ständig irgendwelche Faxen. Ihm stand wortwörtlich der Schalk im Nacken, wofür das Mädchen sich schämte. Gerade an diesem besonderen Tag!
Auf dem Rücken der Pferde soll man ja bekanntlich das Glück der Erde finden. Die beiden jungen Damen schwebten regelrecht vor Glück auf dem alten Perserteppich. Fein herausgeputzt hatten sie sich, denn sie sehnten sich nach dem adretten jungen Soldaten, der manchmal durch das angrenzende Feld angeritten kam. Der wiederum wusste nicht recht wie ihm angesichts so viel weiblicher Zuneigung geschah, weshalb er meist recht bald wieder auf seinem etwas irren Pferd von dannen ritt.
Bei der ehrwürdigen Villa nahe des Rathauses tauchten hier und da zwei Dienstmädchen auf. Sie waren immer sehr wortkarg und sprachen nur, wenn man sie dazu aufforderte. In ihrem Dienstgewand mit der penibel gestärkten weißen Schürze und den hochgesteckten Haaren wirkten sie recht steif. Ganz verhuscht erschienen die beiden, als sie manche Mittagspause auf dem großen steinernen Treppenaufgang verbrachten, immer von geheimnisvollen Fröschen umgeben. Man vermutete, dass diese sich wohl nahe des Bahnhofs angesiedelt hatten.
Zumindest sah man dort an der Mauer auch oft eine junge Dame mit Frosch.
Nahe dem See, in Höhe des heutigen Cafés, waren früher Fischerhütten. Heute stehen dort freilich keine mehr. Hier trafen die Kinder oft drei Alte, die von den guten alten Zeiten in Utting am Ammersee erzählten, von kargen Ernten und reichen Fischfängen. Sie lauschten ihren Geschichten und setzten sich gesellig zu ihnen auf das kleine Bankerl.
Der Höhepunkt war natürlich, wenn ein neuer Dampfer ankam. Bei einer der Fischerhütten sahen sie immer das kleine Mädchen, welches ganz gewissenhaft ihrer Arbeit als stolze Fischerin nachging. Sie blieb gänzlich unbeeindruckt vom Kommen und Gehen und der Geschäftigkeit am Dampfersteg. Ganz vertieft und geduldig schuppte sie einen Fisch nach dem anderen. Selbst wenn unsere Rasselbande mit ihr sprechen oder sie zum Spielen einladen wollten, ließ sie sich nicht von ihrer Arbeit abbringen. Sie blickte noch nicht einmal auf.
Oft plauderten sie auch mit der gutmütigen Oma, die mit ihrem kleinen "Wacki", ein Langhaardackel namens Eusebius, gerne an der Uferpromenade entlang spazierte. Was sie in ihrem Blecheimer, den sie immer hinter ihrem Rücken bei sich trug, versteckte blieb ihr Geheimnis.
Etwas abseits kam, bevorzugt des nachts, ein kleines Mädchen namens Annamirl aus dem Ammersee angeschwommen. Ihr schönes rotes Dirndlgewand mit der weißen Schürze und ihre langen Zöpfe waren immer tropfnass. Warum sie, egal zu welcher Jahreszeit, im See schwamm erzählte sie nie, nur, dass sie verzweifelt auf der Suche nach einer Freundin war. Sie schien immer sehr einsam zu sein.
Im hohen Gras tauchte von Zeit zu Zeit ein kleiner Bub auf. Er hieß Johann, sie durften ihn aber auch Hansi nennen. Er hielt immer eine Silbermünze in Händen und stand auf einem Schemel, als würde er für eine Fotografie aus einer früheren Zeit posieren. Auch seine Kleidung schien recht altertümlich und in seinem Blick schwang stets eine gewisse Melancholie mit. Um ihn herum war es immer eisig kalt, so kalt, dass man manchmal glaubte frischen Schnee im Gras zu sehen.
Dort, wo der Park an die große Straße grenzt, die damals noch ein halb zugewachsener Feldweg war, lebten drei Schwestern. Sie waren bereits in die Jahre gekommen und schienen schon immer hier zu Hause gewesen zu sein. Ganz liebevoll pflegten und hegten sie den kleinen Blumen- und Kräutergarten vor ihrem Haus. Wann immer die Rasselbande sie besuchte gab es die leckersten Kuchen und Gebäck. Sie selbst naschten wohl auch unfassbar gern davon...
Ein kleiner Knabe, vielleicht fünf Lenze jung, sauste immer wie ein Wirbelwind durch den Park. Ohne Rast und Ruh rannte er mit einer Gans in der Hand umher, die er die meiste Zeit hinter sich herzog. Ob die Gans schlief oder überhaupt noch am Leben war, konnte man nicht feststellen, so schnell war der Kleine unterwegs. Er selbst schien sehr vergnügt und überaus glücklich zu sein.
Gleich neben dem alten Bahnwärterhäuschen tauchte oft ein junges, sehr blass wirkendes Mädchen auf. Sie lehnte sich immer an die von Efeu überwucherte Mauer, als ob sie an ihr Halt finden würde. Wenn man genau hinblickte, erkannte man des Öfteren einen großen Frosch in ihrer Nähe. Glücklich schien das arme Mädchen wohl nie zu sein. Was sie so plagte wussten vielleicht nur die beiden Dienstmädchen der Villa am See...
Vor der Bahnhofsmauer sah man, bevorzugt am Morgen, zwei kleine Buben Hand in Hand und in bester Sonntagskleidung zurecht gemacht dastehen. Der eine blickte immer verschüchtert und der andere vor Schreck erstarrt drein. In seiner kleinen Hand hielt er krampfhaft ein Bündel fest. Was sich darin befand blieb immer ein Rätsel.
Zur Weihnachtszeit befand sich rund um den Bahnhof ein kleiner Markt. Dort gab es für das große Fest alles zu entdecken, was das Herz begehrte. Die Rasselbande verbrachte unglaublich gerne ganze Nachmittage hier. Überall glitzerte und funkelte es und aus den liebevoll geschmückten Buden kamen die herrlichsten Düfte. Besonders gerne hielten sie sich bei den drei Damen vom Grill auf. Hier und da konnten sie sich sogar eine Bratwurst von ihnen stibitzen.
Wann immer der Bahnwärter seinen Dienst verrichtete schauten die Kinder auch bei ihm vorbei. Alte Bekannte trafen sie dort in der guten Stube und es ging immer gesellig und lustig zu. Es gab eigentlich immer einen Anlass ein Fest zu feiern. Besonders ausgelassen war die Stimmung, wenn die Frau Nachbarin ihre legendäre Bowle mitbrachte.
Hier endet nun unsere schiNtzeljagd durch den verwunschenen Summerpark. Selbst die kleine Rasselbande die uns von den seltsamen Gestalten erzählte, scheint heute auch nicht mehr unter uns zu weilen. Was bleibt sind Geschichten und Erinnerungen an eine längst vergangene Zeit…